Vergabe von Traditionsnamen
Im Österreichischen Bundesheer stellt die Traditionspflege einen immanenten Teil der gelebten Militärkultur dar. Als zentrales Element der Traditionspflege ist das Bundesheer der Zweiten Republik definiert. Darüber hinaus können vorbildhafte Verhaltensweisen von Österreichern in der Deutschen Wehrmacht und von Männern und Frauen des pro-österreichischen Widerstandes Elemente bilden.
Mit der Traditionspflege verbunden, ist auch stets die Bewusstmachung und die Vermittlung welchen Auftrag das Bundesheer als Teil der Gesellschaft für diese erfüllt. Der Schutz von Demokratie und Menschenrechten ist dabei oberste Prämisse. Zur Darstellung und zur Würdigung wurde unter anderem zu Allerseelen 2019 das "Ehrenmal des Österreichischen Bundesheeres" im Äußeren Burgtor seiner Bestimmung übergeben.
Darüber hinaus erfolgte, im Jänner 2020 durch die Frau Bundesministerin Klaudia Tanner, die Vergabe von Traditionsnamen an zwei militärische Liegenschaften. Es soll ein Zeichen, nach innen wie nach außen, darstellen, welche Rolle Streitkräfte in einer demokratisch pluralistischen Gesellschaft einnehmen, welche Verantwortung jedem einzelnen Soldaten zukommt und welche Lehren aus der Vergangenheit gezogen wurden.
Die "Roßauer Kaserne" bekam den Traditionsnamen "BERNARDIS-SCHMID". Beide Soldaten waren im Zweiten Weltkrieg aktiv im militärischen Widerstand tätig und setzten achtbare und traditionswürdige Handlungen. Der "Stift Kaserne" wurde als Beiname "General SPANNOCCHI" verliehen. General Spannocchi gilt als Begründer der Raumverteidigung und prägte als Kommandant unzählige Generationen an Soldaten.
Das Handeln sowie die herausragende Bedeutung der angeführten Personen stellen ein Vorbild für alle Soldaten dar, welches dementsprechend zu würdigen und in die Traditionspflege aufzunehmen ist.
Die Militärhistorische Denkmalkommission, welche als wissenschaftliches Organ beratend für den Bundesminister tätig ist, befürwortet diese Maßnahme und sieht sie in Konformität mit dem "Traditionserlass". Die Kommandanten und die MitarbeiterInnen der beiden Liegenschaft stehen zu dem Entschluss der Umbenennung und können sich damit identifizieren.
Das Österreichische Bundesheer als Teil der Gesellschaft nimmt Bedacht auf seine Vergangenheit, lebt in der Gegenwart im Rahmen der sich ständig verändernden Einflussfaktoren stolz und bewusst eine zeitgemäße Gedenkkultur und verpflichtet sich zu einem zukunftsorientierten Selbstverständnis.
Biografien
General Emil SPANNOCCHI (1916-1992) war einer der bemerkenswertesten Offiziere des Bundesheeres der Zweiten Republik. Es war letztendlich seine Doktrin der Raum-verteidigung, die im Rahmen der Verteidigungsbemühungen Österreichs im Kalten Krieg umgesetzt und mit großem personellen und materiellen Aufwand realisiert wurde. Mit seiner Verteidigungsstrategie hat er Generationen von Soldaten geprägt und ist nach wie vor weit über die Grenzen Österreichs als bedeutender Militärstratege bekannt. Spannocchi leitete im heutigen AG Stiftgasse von 1961 bis 1967 die Stabsakademie. Er legte die Grundsteine für die Aufwertung zur Landesverteidigungsakademie. Gerade mit General Spannocchi wird, dem Leitbild der Traditionspflege folgende, der Fokus auf das Bundesheer der Zweiten Republik gelegt.
Oberstleutnant im Generalstab Robert BERNARDIS (1908-1944) war als österreichischer Offizier in der Deutschen Wehrmacht tätig. Die Involvierung in den Nationalsozialismus führte ihn zum Widerstand. Er war entschieden an der Planung und Durchführung des Attentats auf Hitler am 20. Juli 1944 sowie an der Operation Walküre beteiligt. Folglich wurde er vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und hingerichtet. Seine Handlungen stellen eine achtbare und mutige Tat dar, die traditionswürdig erscheinen.
Der Wiener Unteroffizier und Angehörige der Deutschen Wehrmacht, Feldwebel Anton SCHMID (1900-1942), setzte sich seit dem Anschluss Österreichs für verfolgte Juden ein. Als Leiter der Versprengtensammelstelle von Wilna (Litauen) rettete er zahlreiche Verfolgte, indem er sie versteckte, mit falschen Papieren ausstattete und in die Freiheit führte. Aufgrund dieser verbotenen Unterstützung wurde er zum Tode verurteilt und hingerichtet. Der Staat Israel ehrte Schmid 1967 mit der Bezeichnung als "Gerechten der Völker", da er unter Einsatz seines Lebens Juden vor der Ermordung gerettet hatte. Der Umstand, dass sich der Unteroffizier tatkräftig gegen das Unrecht und die Barbarei des NS-Regimes stellte, soll als Vorbild für alle Soldaten dienen.