Seminarzentrum Reichenau an der Rax
Adresse der Liegenschaft
Hinterleiten 22, 2651 Reichenau an der Rax
Art der Liegenschaft
Sonstige Liegenschaften
Bezeichnung der Liegenschaft
Seminarzentrum Reichenau an der Rax
Geschichte der Liegenschaft
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen Mitglieder der Bankiersfamilie Rothschild gerne nach Reichenau. Auch Nathaniel Baron Rothschild, der nicht in das Geschäftsleben seiner Familie eingebunden war, hielt sich ab Sommer 1879 öfter in Reichenau an der Rax auf, wo er in der Dependance des Hotels Fischer logierte.
Erzherzog Carl Ludwig, der jüngste Bruder Kaiser Franz Josephs I., hatte hier wenige Jahre zuvor die Villa Wartholz bezogen. Da der Baron den Habsburger nicht besonders schätzte beschloss er, unweit von deren Anwesen ein prunkvolles Schloss errichten zu lassen, das die Villa des Erzherzogs bei weitem in den Schatten stellen sollte. Allein die geplanten Errichtungskosten vom zwei Millionen Gulden haben das Zehnfache der Bausumme der Villa Wartholz betragen.
Baron Rothschild erwarb daher 1883 im Ortsteil Hinterleiten mehrere Herrschafts- bzw. Bauerngründe und ließ sie sie zu einem 19 ha großen Park umgestalten. 1884 beauftragte er die in Paris ausgebildeten, ab etwa 1880 in Wien ansässigen, Architekten Armand-Louis Bauqué und Albert Emilio Pio, die auch an der Planung seiner Villa auf der Hohen Warte im heutigen Heiligenstädter Park und am Bau seines Stadtpalais in Wien beteiligt waren, mit der Planung seines Landsitzes. Mit der Bauausführung wurde die Wiener Baufirma Heinrich und Franz Glaser betraut.
Rothschild wählte für den Personaltrakt den Stil eines englischen Landhauses, während für den Hauptbau Loire-Schlösser das Vorbild lieferten. Die Anlehnung an die französischen Renaissanceschlösser wurde durch die vielgestaltige Fassade mit ihren verschiedensten Baumaterialien, die mit glasierten Dachziegeln und eine mit verschiedenen Gaupen, Giebel, Türmchen und vielseitige Rauchfangformen geschmückte Dachlandschaft erreicht. Diese Gestaltung unterstreicht auch den Anspruch des Bauherrn, als Adeliger ohne Stammbaum seinen Platz in der Gesellschaft zu behaupten. Die gewundene Auffahrt durch einen Park mit dem damals eher schütteren Baumbestand machte immer wieder überraschende Ausblicke auf die prachtvolle Ostfassade des Schlosses möglich. Schließlich sollte eine ausgesucht vornehme Innenausstattung den Eindruck von einem Landschloss eines Grandseigneurs vollenden.
Der Personaltrakt wurde 1887 fertiggestellt, Rothschild gab danach sein Sommerdomizil im Hotel Fischer auf und zog in das eben fertig gestellte Gebäude. Das eigentliche Schloss wurde aber nur zur Hälfte vollendet, da Rothschild 1889 aus unbekannten Gründen die Freude an seinem Märchenschloss verlor und die Einstellung der Bauarbeiten verfügte.
Er schenkte die Anlage samt Park - sehr zum Entsetzen der Einheimischen und Sommergäste - dem Verein für Brustkranke. Auf Drängen der Gemeinde, die um ihren Fremdenverkehr fürchtete, zog er schließlich die Schenkung zurück und errichtete eine Stiftung für invalide Subalternoffiziere der k.u.k. Armee. Im Jahr 1900 wurde das Schloss dem k.u.k. Kriegsministerium als Stiftungsbehörde übergeben.
1943 - 1945 diente das Gebäude als Lazarett.
Seit Ende des I. Weltkrieges ist die "Vereinigte Altösterreichische Militärstiftung" Eigentümerin der Liegenschaft. In der Zeit nach dem II. Weltkrieg wurden hier - wie in allen anderen Stiftungshäusern - Wohnungen an pensionierte Bundesheerangehörige vermietet, im großen Festsaal war ein Mob-Lager eines Milizverbandes untergebracht. Ab den 90-er Jahren wurden die Vermietung schrittweise zurückgefahren und der schließlich der Festsaal und die restlichen Räume in stark vereinfachter Form wiederhergestellt. Heute ist das gesamte Anwesen an das BMLV vermietet und wird als Ausbildungs- und Seminarzentrum genutzt.
Quellen
Beitrag MilKdo NÖ; https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Rothschild; http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=132