Dabsch-Kaserne
Adresse der Liegenschaft
Platz der Eisenbahnpioniere 1, 2100 Korneuburg
Art der Liegenschaft
Kasernen, Flugplätze, Kommandogebäude
Bezeichnung der Liegenschaft
Feldbahndepot (1907 - 1918), (Technische) Zeuganstalt Korneuburg (1918 - 1945), Heeresfeldzeuglager (1959 - 1969), Dabsch-Kaserne (seit 1969)
Geschichte der Liegenschaft
Korneuburg hat als Garnisonsstadt eine lange Tradition. Die Anfänge reichen bis an den Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. So gab es im Stadtgebiet zwei große Kasernenanlagen und ein Truppenspital, 1907/08 wurde am Rande der Stadt Richtung Leobendorf und in der Nähe der Eisenbahnlinie nach Mistelbach ein Feldbahndepot für das k.u.k. Eisenbahn-Regiment eingerichtet, das seit 1887 in Korneuburg stationiert war.
Nach den Bestimmungen des Friedensvertrags von St Germains durfte Österreich zwar keine eigenen Eisenbahntruppen mehr unterhalten, es konnte aber dafür notwendige technische Ausrüstung weiterhin deponieren. Daher wurde das ehemalige Feldbahndepot in Technische Zeuganstalt Korneuburg umbenannt, 1937 wurde diese in das neu aufgestellte Wiener Pionierbataillon 2 eingegliedert.
Nach dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich wurde dieser Verband in die Deutsche Wehrmacht integriert und fortan als Eisenbahnpionierbataillon 56 bezeichnet. Dieser Verband wurde im Laufe des II. Weltkrieges zum Eisenbahnpionier-Regiment 2 erweitert. In dieser Zeit war das Lager Leobendorf der größte Pionierersatzumschlagpunkt der Wehrmacht, zeitweise waren hier bis zu 30.000 Wagen hinterstellt und wurden von hier aus an alle Fronten geschickt. Das Gelände diente aber auch als Gefangenenlager für französische und russische Kriegsgefangene.
Nach Ende des II. Weltkrieges zog hier die russische Besatzungsmacht ein, die wertvollen Maschinen wurden demontiert und gemeinsam mit den Ersatzteilen in die Sowjetunion abtransportiert.
Nach der Aufstellung des Bundesheeres der 2. Republik wurde Korneuburg erst 1959 wieder Garnisonsstadt, als auf dem ehemaligen Gelände der Eisenbahnpioniere ein Heeresfeldzeuglager errichtet wurde. Danach wurden intensive Bestrebungen zur Errichtung einer modernen Kaserne unternommen, schließlich konnte der damalige Verteidigungsminister, Dr. Georg Prader, am 19. Oktober 1964 den Spatenstich für den Neubau vornehmen. Knapp fünf Jahre später, am 10. Oktober 1969, wurde die Kaserne feierlich eröffnet und mit dem Pionierbataillon 1 erneut ein Pionierverband hier angesiedelt. Unter den Ehrengästen des Festaktes befand sich auch Frau Gerda Dabsch, die Urenkelin von Rittmeister Josef Dabsch, nach dem die neue Korneuburger Kaserne von Anfang an benannt war.
Aus dem Pionierbataillon wurde Ende der 70erJahre im Zuge der Umsetzung der Raumverteidigungsdoktrin das Landwehrstammregiment 32 gebildet, aus dem in den 90er-Jahren das Jägerregiment 3 hervorging. Seit 2002 ist hier die ABC-Abwehrschule stationiert, die 2007 den Traditionsnamen "Lise Meitner" bekam.
Eine Besonderheit der Kaserne ist eine im Freien montierte Lautsprecheranlage, über die noch in den 80er-Jahren zwischen Tagwache und Standeskontrolle in der Früh der Ö3-Wecker gespielt wurde.
Quellen
Die Geschichte der Dabsch-Kaserne, Typoskript MilKdo NÖ, 1969; Die Baugeschichte der Dabsch-Kaserne, Typoskript MilKdo NÖ, 1985 ?; Auftraggeber Heer, Broschüre BBD Wien ca. 1992; J Bartl: Zur Geschichte des Eisenbahn- und Telegraphen-Regiments, In: Korneuburger Kulturnachrichten, 3/4 2004; Erinnerungen HR Mag. G. Fritz (1981/82 Einjährig-Freiwilliger in dieser Kaserne)
Namensgeber der Kaserne
Josef Dabsch
Josef Dabsch wurde am 12. Juli 1819 geboren. Nachdem er mit acht Jahren Halbwaise geworden war, wurde er ab diesem Zeitpunkt im Militärerziehungshaus des 14. Linien-Infanterie-Regiments erzogen. Bei diesem Regiment begann er 1837 auch seine militärische Laufbahn als Gemeiner. 1843 wurde er auf seine Bitte hin zum Chevauxleger-Regiment versetzt und 1845 zum Korporal und 1847 zum Wachtmeister befördert. Mit diesem Verband des Fuhrwerkswesen-Korps nahm er dann an den Feldzügen 1848 in Italien und 1849 in Ungarn teil. In diesem Jahr wurde er auch zum Leutnant ernannt und zum Husaren-Regiment Nr. 10 versetzt. Hier avancierte er 1849 zum Oberleutnant, 1854 wurde er zum Rittmeister 2. Klasse und 1856 zum Rittmeister 1. Klasse befördert. Nachdem er 1858 zum Husaren-Regiment Nr. 9 versetzt wurde trat er erst vierzigjährig 1859 krankheitshalber in den vorzeitigen Ruhestand. Danach widmete er sich der Bewirtschaftung seines Gutes in Enzersfeld und übersiedelte später nach Bisamberg.
Das Ereignis, durch das Rittmeister Josef Dabsch in der lokalen Tradition berühmt geworden war und durch welches er 1969 zum Namensgeber der neuen Kaserne wurde, fand in der Endphase des Österreichisch-Preußischen Krieges von 1866 statt. Nach der Schlacht von Königgrätz vom 3. Juli 1866 zog sich die geschlagene österreichische Nordarmee, dicht bedrängt von den Preußen, in Richtung Wien zurück. Kurz vor der Waffenruhe am 22. Juli 1866 standen die Preußen tief im niederösterreichischen Weinviertel. Im Raum Korneuburg gab es in dieser Schlussphase dieser bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Preußen und Österreicher keine größeren Gefechte mehr, wohl aber immer wieder Erkundungs- und Requirierungsvorstöße - so auch am 21. Juli 1866.
Der Patriotismus von Josef Dabsch, der sich zu diesem Zeitpunkt bereits seit sieben Jahren im Ruhestand befand, war derart ausgeprägt, dass er angesichts der unmittelbaren Bedrohung seiner Heimat nicht zögerte und sich wieder in den Dienst stellte. Am 21. Juli 1866 befanden sich zwei Züge der 5. Eskadron des Husaren-Regiments Nr. 9 bei Bisamberg auf Vorposten. In der Regimentsgeschichte wird vermerkt, dass sich Dabsch "gleich beim Eintreffen der halben Eskadron ‚als der Gegend kundig, beritten und in Uniform‘ zur Verfügung gestellt habe". Weiter heißt es: "Rittmeister Dabsch war hierauf nachmittags nach Korneuburg geritten, und erfuhr, kaum dort angelangt, dass feindliche Uhlanen gegen Korneuburg vorrückten. Er ritt in schärfster Gangart nach Bisamberg zurück, holte von dort eine Patrouille von zehn Husaren und erreichte mit derselben, trotz eines Umweges, Korneuburg, bevor der Feind in die Stadt eindrang. Circa 17 feindliche Reiter, welche schon die Lisiére von Korneuburg erreicht hatten, kehrten, als sie die Husaren gewahrten, eiligst um und zogen sich, vom Rittmeister Dabsch verfolgt, auf ihr in der Nähe des Teiritzberges stehendes Gros zurück. Auch dieses ging, als es seine Vortruppe, von unseren Husaren verfolgt, im scharfen Tempo herankommen sah, zurück. Rittmeister Dabsch gab nun die Verfolgung auf und ritt nach Bisamberg. Während der Nacht ritt er nochmals mit vier Mann vor und konstatierte die Anwesenheit des Feindes in Harmersdorf. Am Morgen des 22. Juli befand sich Rittmeister Dabsch wieder in Korneuburg, als abermals eine feindliche Uhlanen-Patrouille sich diesem Städtchen näherte. Er ließ dieselbe durch eine gerade zur Verfügung stehende Jäger-Patrouille beschießen und durch einige Husaren verfolgen."
Die feindlichen Soldaten, denen Dabsch hier vor Korneuburg begegnete, waren Angehörige des westfälischen Ulanen-Regimentes Nr. 5 und gehörten zu einem Detachement der preußischen Elbearmee, das am 21. und 22. Juli 1866 in einer Reihe von Ortschaften in der Umgebung von Korneuburg Lebensmittel und Versorgungsgüter requirierte (so etwa in Leobendorf, Harmannsdorf, Rückersdorf, Stetten, Mollmannsdorf und Hetzendorf). Derartige Maßnahmen stellten für die örtliche Bevölkerung eine große Belastung dar. Der eigentliche Verdienst von Dabsch war es, dass er durch sein persönliches Engagement verhinderte, dass die Preußen diese Requirierungsmaßnahmen auf die Stadt Korneuburg ausdehnen konnten. Die Korneuburger Bürger wussten den Einsatz von Dabsch sehr wohl zu schätzen. So übermittelte die Gemeindevertretung dem Rittmeister bereits Anfang August 1866 ein entsprechendes Dankschreiben, am 12. Dezember 1866 wurde Dabsch die Ehrenbürgerschaft der Stadt zugesprochen. Doch Dabsch schien nicht nur Freunde, sondern auch Neider gehabt zu haben. Da er offiziell schon pensioniert war, wurde er kurzfristig wegen unbefugten Tragens der Uniform inhaftiert. Letztlich erhielt er aber jene Auszeichnungen, die er für sein couragiert-patriotisches, die persönliche Sicherheit gegenüber dem Gemeinwohl zurückstellendes Verhalten zweifelsohne verdient hat. 1867 wurde der Rittmeister mit dem "Militär-Verdienstkreuz mit der Kriegsdekoration" für "tapferes Verhalten im Feldzuge gegen Preußen" ausgezeichnet.
1867 wählte ihn die Gemeinde Bisamberg zum Wahlmann der Landesdeputierten und ersten Gemeinderat. Noch im selben Jahr wurde er Bürgermeister, eine Funktion, die er bis 1876 ausübte. Rittmeister Dabsch starb am 23. Juni 1898, die Stadtgemeinde Korneuburg stiftete am Bisamberger Ortsfriedhof einen Gedenkstein.
Quellen
Information für den HBM über Rittmeister Josef Dabsch, Typoskript MWiA, 1969 ?; Der Namensgeber der Dabsch-Kaserne, Typoskript MilKdo NÖ, 1985 ?; J. Bartl: Rittmeister Dabsch und der 21. Juli 1866, In: LD 50 Ausgabe 1/2017
Traditionsname des ABC-Abwehrzentrums
Im Jahr 2007 bekam die ABC-Abwehrschule den Traditionsnamen "Lise Meitner", nachdem die ursprünglich angestrebte Umbenennung der Dabsch-Kaserne in Lise-Meitner-Kaserne abgelehnt worden war. Mit der Verleihung des Traditionsnamens sollten die herausragenden Leistungen von Lise Meitner auf dem Gebiet der Naturwissenschaften und ihre Entdeckung der Kernspaltung gewürdigt werden. Aber auch ihre Rolle als von den Nationalsozialisten in die Emigration gezwungene österreichische Wissenschaftlerin sollte damit hervorgehoben und ihre oft unbedankte Heimatverbundenheit gewürdigt werden. Durch die Identifikationsfigur Lise Meitner wird seither sowohl nach innen wie auch nach außen das Selbstverständnis der ABC-Abwehrschule, eine Verbindung zwischen Militär und Wissenschaft zu sein und der Qualitätsanspruch bei Forschung, Lehre und Auftragserfüllung, unterstrichen.
Elise ("Lise") Meitner
Elise ("Lise") Meitner wurde am 17. November 1878 in Wien als Tochter eines angesehenen jüdischen Rechtsanwalts geboren. Sie wurde aber protestantisch erzogen und konvertierte 1908 zur evangelischen Kirche.
1901 legte sie als Externistin die Reifeprüfung am Akademischen Gymnasium ab, da zu dieser Zeit Mädchen an einem öffentlichen Gymnasium noch nicht zugelassen waren. Sie begann das Studium der Physik, Mathematik und Philosophie und wurde 1906 als erst zweite Frau im Hauptfach Physik promoviert. Bereits in diesen Jahren beschäftigte sie sich auf Anregung ihres Lehrers Ludwig Boltzmann mit Fragestellungen der Radioaktivität und bewarb sich, allerdings erfolglos, als Praktikantin bei Marie Curie.
Im Jahre 1907 ging sie nach Berlin zu Max Planck, der sie in seinem Labor beschäftigte. Dort lernt sie auch Otto Hahn kennen, mit dem sie mehr als 30 Jahre zusammen forschen sollte. 1912 wurde sie Planks Assistentin, während des I. Weltkriegs ließ sie sich zur Röntgenassistentin ausbilden. 1918 wurde Lise Meitner Leiterin der physikalisch-radioaktiven Abteilung des Kaiser Wilhelm Institut, 1922 habilitierte sie sich und wurde 1923 außerordentliche Professorin. 1933 wurde ihr aufgrund ihrer jüdischen Abstammung die Lehrbefugnis entzogen, durch ihren "Ausländerstatus" konnte sie aber bis 1938 in Berlin weiterarbeiten. Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde Lise Meitner von Otto Hahn und wenigen Eingeweihten über Holland nach Kopenhagen geschmuggelt, um sie vor den Nationalsozialisten zu retten.
Am 19. Dezember 1938 beobachteten Otto Hahn und sein Assistent Fritz Straßmann zufällig das erste "Zerplatzen" eines Atomkerns. Da sich die beiden Wissenschaftler das Ergebnis nicht erklären konnten und sie die ehemalige Kollegin trotz großer Gefahr in Briefkontakt standen und über ihre Versuche stets am laufenden hielten baten sie Lise Meitner um Rat. Lise Meitner und ihr Neffe, der Kernphysiker Otto Robert Frisch, fanden die entsprechende physikalische Erklärung und gaben dem Phänomen den Namen "Kernspaltung". Außerdem berechneten sie mit Hilfe der Formel von Albert Einstein E=mc2 die bei der Kernspaltung freiwerdende Energiemenge.
Als überzeugte Pazifistin weigerte sie sich im Jahre 1943, Forschungsaufträge für die Entwicklung von Atombomben anzunehmen, sie setzte sich aber bis ins hohe Alter für die friedliche Nutzung der Kernenergie ein. Ab 1947 leitete Lise Meitner die kernphysikalische Abteilung der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm und hatte diverse Gastprofessuren in den USA. 1960 übersiedelte sie nach Cambridge, wo sie 1968 auch starb.
Für die Entdeckung der Kernspaltung wurde Otto Hahn 1945 der Nobelpreis für Chemie verliehen, Lise Meitner und Otto Frisch wurden dabei nicht berücksichtigt. Auch in den darauffolgenden Jahren wurde ihnen diese Ehrung nicht zuteil, obwohl sie von mehreren Physikern, u.a. auch von Otto Hahn selbst, insgesamt 29 x für den Physik-Nobelpreis und 19 x für den Chemie-Nobelpreis vorgeschlagen wurde.
Obwohl Lise Meitner nie den Nobelpreis erhielt, ist die Liste ihrer Ehrungen bemerkenswert lang (immerhin wurde sie fünf Mal ein Ehrendoktorat verliehen und war Mitglied von nicht weniger als 12 wissenschaftlichen Akademien, so war sie z.B. das erste weiblich Mitglied der naturwissenschaftlichen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften)
Quellen
https://de.wikipedia.org/wiki/Lise_Meitner; https://web.archive.org/web/20131217225102/http://www.onb.ac.at/ariadne/vfb/bio_meitner.htm